RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#31 von petias , 06.12.2022 21:15

Schreibwettbewerb Seitenwind Woche 9

Aufgabe: Konflikte

Wie eine Figur sich in einem Konflikt verhält, verrät viel über ihre Persönlichkeit. Was sie verärgert, zeigt uns, was ihr wichtig ist und was sie verletzt.
Was macht deine Figur so richtig wütend? Und was macht sie, wenn sie wütend ist? Beißt sie die Zähne zusammen? Argumentiert sie brillant? Brennt sie alles nieder?
Verwickle deine Figur in einen Konflikt und schau, was passiert.

Der Pilger

Eine höchst ungewöhnliche Szene spielte sich ab an diesem Sonntagvormittag, hier mitten im Wald, weit ab von Haus oder Ansiedelung. Von Ferne riefen Kirchenglocken die Gläubigen zur Sonntagsmesse.
Gestalten in Motorradkleidung und Helm waren von ihren Enduros gestiegen und bewegten sich, mit Schlagstöcken, einer Motorradkette und einem Messer bewaffnet auf einen Mann zu. Der stand mit dem Rücken zum Felsen auf seinen Stab gelehnt da und betrachtete regungslos die fünf bedrohlich näherkommenden Angreifer. Die Motoren der kleinen Geländemaschinen tuckerten im Leerlauf.
Er war gekleidet wie ein Pilger aus alten Erzählungen. Bequeme, feste Wanderschuhe, unter der dunklen verwaschenen Lodenkotze mit undefinierter Farbe waren Gamaschen zu sehen, die verhinderten, dass die Hosenbeine und die Oberseite der Schuhe nass wurden, beim Laufen durch Gras und Unterholz. Auf dem Kopf ein Schlapphut aus Filz und auf dem Rücken ein Stoffrucksack beide von ebenso undefinierbarer Farbe wie die Kotze. An den Rucksack war eine Decke geschnürt.
Er wirkte eher wie eine Statue, ein Denkmal, als ein lebender Mensch. Doch, als der erste Stock auf ihn herabzusausen drohte, kam Bewegung in die Statue. Das obere Ende des Wanderstabes schlug dem ersten Angreifer so hart an das Handgelenk, dass der Stock, den sie hielt, in hohem Bogen davon flog. Die untere Seite des Stabes traf den zweitnächsten Vermummten in einer Drehbewegung hinten am Genick und warf ihn, den Schwung des Angriffes ausnützend, zu Boden. Pilger und Stab wirbelten noch einen kurzen Augenblick durch die Luft und kehrten dann in die Ausgangslage zurück.
Das Pilgerstandbild blickte stumm, als sei gar nichts gewesen in den letzten drei Sekunden, auf die fünf Vermummten Gestalten, die allesamt am Boden lagen. Die sammelten sich, wie vom Blitz getroffen irgendwie zusammen und dachten nur noch daran, wie sie auf ihre Maschinen kamen und fort von hier.

Einige Stunden später, die Nacht war nicht mehr weit, bewegten sich der Pilger und noch ein Mann, Ende vierzig, durch die Schlucht. Da war nur der Bach, der Weg und Felsen. Der Pilger hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Begleiter unbemerkt an die Küste zu bringen. Aber sie mussten sich beeilen. Deshalb nahmen die beiden Männer das Risiko in Kauf, die zwei Kilometer durch die enge Schlucht zu gehen, ohne eine Möglichkeit sich zu verstecken, so wie der Pilger seinen Schützling im Gebüsch versteckt hatte, kurz vor dem Zwischenfall mit der Motorradgang.

Der andere Mann war wie ein normaler Wanderer gekleidet in moderner Funktionskleidung und mit Treckingrucksack, Schlafsack und Isomatte ausgerüstet. Er wirkte weit weniger sicher und vertraut mit dem, was er da tat als der Pilger.
Wie schon erwartet und befürchtet, kamen Motorengeräusche auf die beiden Wanderer zu. Erst von Norden, nach einer Weile auch von Süden. Die beiden Trupps bewegten sich ganz langsam, die Schlucht gründlich, Meter für Meter absuchend, mit lichtstarken Scheinwerfern ausleuchtend, so dass trotz der heraufziehenden Dämmerung nichts verborgen bleiben konnte.
Der Pilger nahm dem anderen Mann den Rucksack ab und legte ihn zusammen mit seinem eigenen Bündel nahe an der Felswand auf den Boden. Er packte seine Decke aus und breitete sie über das Gepäck. Dann setzte er sich drauf und zog seinen Begleiter neben sich. Er legte seinen Arm um ihn und nahm ihn bei der Hand. „Schließe die Augen und stell Dir vor, Du wärst unsichtbar. Auf keinen Fall die Augen öffnen und keinen Mucks!“ Der Pilger deckte die Lodenkotze über sich und seinen Begleiter und schloss ebenfalls die Augen. Die Fahrzeuge und die Scheinwerfer kamen näher. Nicht lange, und die beiden Männer merkten an der Helligkeit, die durch die geschlossenen Augenlider drang, wie das Licht der Scheinwerfer über sie hinweg glitt. Nichts geschah! Als die beiden Suchtrupps aufeinanderstießen, nicht weit entfernt von ihnen, hörten sie eine Weile die Stimmen der Suchenden, bevor diese mit ihren Fahrzeugen wieder abzogen. Sie waren nicht entdeckt worden!

Sie hatten nicht viel geschlafen letzte Nacht und kaum miteinander gesprochen. Dafür waren sie viel gelaufen. Der Begleiter des Pilgers glaubte, jedes Glied und jede Muskelfaser einzeln zu spüren. Er war Wissenschaftler, sein Platz war das Labor und nicht der Wald. Noch dazu im Dezember!

Man musste nicht Wissenschaftler sein, um einen Sack an Fragen zu haben, nach dem Vorfall gestern. Wieso hatten die Schergen der Chinesen sie nicht gefunden?

„Findest Du nicht, Du schuldest mir eine Erklärung?“, fragte er schließlich. „Sie haben uns nicht gesehen, obwohl sie uns direkt angeleuchtet hatten. Doch nicht, weil wir die Augen geschlossen haben und uns vorstellten, wir wären unsichtbar?“
„Aber ja“, antwortete der Pilger nach einer Weile. „Warum sonst? – hast Du noch nie mitbekommen, dass Kinder die Augen schließen beim Versteckspiel und denken, sie seien unsichtbar?“ –
„Aber sie sind es nicht, das ist doch mein Punkt!“, warf der Begleiter ein. –
„Nicht mehr!“, erklärte der Pilger weiter. Die Kinder haben noch den Reflex aus früheren Tagen, ohne den die Menschen wohl nicht überlebt hätten, diese unbewaffneten, langsamen, felllosen Kreaturen, die wir sind. Wir haben es mit der Entwicklung der Zivilisation im Laufe der Jahrtausende verloren. Alles, was nicht regelmäßig benutzt wird, verkümmert, wird abgeschaltet!“
„Und wieso hat es dann gestern funktioniert? Bist Du ein Außerirdischer oder ein unentdecktes Fabelwesen?“ Der Begleiter sah den Pilgern fast ehrfürchtig an. –
„Nein, ich lebe nur schon sehr lange anders. Immer auf Wanderschaft, immer draußen in der Natur. Diese Fähigkeiten scheinen nicht endgültig verloren zu gehen. Sie werden nur abgeschaltete. Mit der Zeit können sie, bei Bedarf und bei Geschick, wieder aktiviert werden.“
Der Pilger schien es ganz allgemein vor sich hinzusagen, zu niemandem im Besonderen.

„Gut, sagen wir mal, ich nehme Dir ab, dass Du das kannst“, hakte der Begleiter nach. „Aber ich und unsere Rucksäcke und Kleidung hätten doch gesehen werden müssen?“ –
Der Pilger räumte ein: „Ich kann das nicht so genau erklären. Es sind mehr Erfahrungswerte. Die Fähigkeit der Unsichtbarkeit überträgt sich nicht auf die Sachen, die Du anhast und trägst. Aber auf meine Sachen schon. Auch auf Menschen, die ich anfasse, scheint es zu wirken. Alles im Zusammenhang mit dem Aussenden der Botschaft mittels Gedanken, dass man unsichtbar ist, dass einen das Gegenüber nicht sehen wird. Da läuft auch was auf der geistigen Ebene ab. Ich nehme es, wie es sich mir bietet!“ –
„Kannst Du auch Gedanken lesen?“ -
Der Pilger lächelte nur leicht und sagte nichts.

„Wieso nennst Du Dich ‚der Pilger‘, hast Du keinen Namen?“ –
„Doch, ich habe einen Namen, aber ich trete hier auf, als ‚der Pilger‘. Kennst Du die Geschichte von der Braut des Prinzen, den ‚grausamen Piraten Roberts‘? Der echte Roberts hatte sich längst zurückgezogen und an seine Stelle war ein anderer getreten. Und an dessen Stelle wieder ein Anderer, und so fort. Der Name war eine Institution. War nicht mehr an den ursprünglichen Träger gebunden. Vor einem ‚grausamen Piraten Roberts‘ hatte jeder Angst. Das ersparte meist den Kampf. Vor einem ‚Piraten Westley‘ hätte niemand Angst gehabt.

Genauso bin ich hier in dieser Gegend ‚der Pilger‘ es gibt auch Pilger in anderen Gegenden. Die Pilger sind die Verbindung der ewigen Wanderer, manche nenne sie ‚die Uris‘ andere ‚die Touris‘, zur Zivilisation. In den meisten Kreisen der Bevölkerung ist das alles völlig unbekannt. In manchen Kreisen jedoch, unter den Wanderern und denen, die sich draußen in der Natur bewegen, ist ‚der Pilger‘ ein Begriff. Manchmal ist auch ein Anderer ‚der Pilger‘ und ich habe Urlaub. Der Pilger lächelte.

Dann nahm er den Kopf seines verdutzten Begleiters zwischen seine Hände und hielt ihn eine Weile fest.

„Das ist aber ein angenehmes Gefühl“, dachte Friedrich Schuller und er hatte keine Fragen mehr. Er wusste noch nicht einmal, dass er etwas gefragt hatte. Und - seine Glieder taten ihm längst nicht mehr so weh.

Aus Zeitgründen hier ein Auszug aus
."Die Tour" von Ägidius Possensack


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#32 von petias , 08.12.2022 18:52

Welche Wörter darf man nicht mehr benutzen?

Zitat von petias im Beitrag Die neuesten Beiträge
Schreibwettbewerb Seitenwind Woche 7 - Kreascribum

Zitat von petias im Beitrag #26
Ich band meinen Appaloosa an der Anbindestange vor dem Saloon fest. Nigger Bill humpelte auf mich zu, wie immer sein böses Bein nachschleppend und zeigte mir breit grinsend seine riesigen Zähne. Ich warf ihm einen Quarter (Dollar) zu, den er geschickt auffing.
„Für deinen Liebling nur das Beste, Massa“, versicherte Bill und führte das Tier zum Mietstall.


In diesem Beitrag hatte ich das Wort "Nigger" benutzt, was mir (von zwei Frauen) böse angekreidet wurde. Dieses Wort wäre rassistisch und von einem neuzeitlichen Autor nicht mehr verwendbar.
"Wer dieses Wort heute benutzt, obwohl es zu vermeiden wäre, tut das aus Gründen, die ich dir nicht unterstellen will." belehrte mich Elisabeth, die Frau die die Themen festlegt.

Eine andere versicherte, sie sei nicht die Sprachpolizei, aber ich könne froh sein, dass mein Beitrag nicht gesperrt worden wäre...

Ich hatte das nicht eingesehen und erklärt, Nigger = Neger = Schwarzer wie Weißer = Bleichgesicht. Wo fremde Kulturen aufeinandertreffen, begegnen sie sich mit Vorurteilen und verächtlichen Begriffen. So ist Geschichte. Wenn geschichtliche Texte aufgegriffen werden, kann man nicht wegen neuzeitlicher, wenn auch durchaus aus heutiger Sicht nachvollziehbarer Regeln diese Begebenheit leugnen. Was für Geschichte im Allgemeinen gilt, das gilt auch für die Geschichte von Klischees. Das Klischee des "Western" bemühe ich hier schamlos.
Zudem bin ich sicher, dass der Leser zwischen dem Icherzähler einer offensichtlich erfundenen Geschichte und meinem persönlichen Ich unterscheiden könne.

Das wäre eine Ausrede und könne nicht gelten...

Ich beendete den Disput mit dem Hinweis, dass ich weder "neuzeitlich" noch Autor wäre, sondern nur ein Schreiberling, der schreibt, was er für richtig hält und verstünde, wenn jemand das nicht lesen möchte.

Wie seht ihr das?

Neulich habe ich eine Sendung zum Thema im Radio gehört. Demnach seine Auch "Mutter" und "Vater" solche "No Go" - Begriffe, weil sie das Selbstverständnis anderer sexueller Orientierungen ignorierten. Geht's noch?


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#33 von Eule ( Gast ) , 09.12.2022 10:18

Hallo petias,
ich teile Deine Auffassung zu diesem Thema zu 100%!
Sprache passt sich veränderten Realitäten an, - wird sie per Verordnung angepasst, um Realitäten zu verändern, ist das Neusprech à la Orwell.
Dass Geschichten in historischem Umfeld sich der zeitgenössischen Sprache bedienen, ist eine Frage der Authentizität und nicht der Gesinnung des Autors.

Gruß

Eule

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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#34 von Sukowa , 10.12.2022 13:37

Ich sehe es so, dass sich einige Leute hinter einer Pseudo-Gleichberechtigungsschiene verstecken, weil sie zu faul, zu arrogant oder sonst was sind, um mit den Mitmenschen vernünftig umzugehen. Gegenseitiger Respekt lässt sich nicht am Vokabular festmachen, solange ich keine politischen Reden schwinge, sondern Geschichten erfinde. Schreibe ich die Geschichte eines Massenmörders aus der Sicht eines Massenmörders, macht mich das noch lange nicht zu einem Massenmörder und sagt auch nichts über meine Gesinnung aus.

Edit: Ich habe letzte Tage übrigens einen netten, kleinen Film gesehen, in dem es um Beziehungen ging. Es war eine Komödie. Kein Knaller, doch recht amüsant. Am nächsten Tag habe ich Kritiken zu dem Film gesucht und bin fast hinten rüber gekippt. Der Film sei Sch..., weil es ausschließlich um Mann-/Frau-Beziehungen, also eben den Klassiker, ging. Heutzutage darf offenbar niemand mehr heterosexuell sein. Allmählich nervt mich das Thema.


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#35 von petias , 10.12.2022 14:24

Danke Eule und Sukowa, für eure Meinung!


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#36 von petias , 17.12.2022 22:29

Schreibwettbewerb Seitenwind Woche 10

Aufabe: Parodie
Schreib eine Szene in deinem Lieblingsgenre und benutze all die Klischees, die du normalerweise vermeidest. Koste es aus. Und mach Kunst.

Warm – kalt – heiß
Gleich wird mich die Sonne mit ihren Morgenstrahlen durch die offenen Flügeltüren meiner Sonnenaufgangs-Schlaf-Hütte für einen wunderbaren neuen Tag wachküssen.
Der Vogelgesang-Sonnenaufgangs-Count-Down bereitet mich noch im Schlaf, seit Stunden darauf vor:
80 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Gartenrotschwanz
55 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Singdrossel
50 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Rotkehlchen
45 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Amsel
35 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Blaumeise
30 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Kohlmeise
15 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Star
10 Minuten vor dem Sonnenaufgang: Buchfink
Ich bereite mich innerlich auf einen neuen produktiven Gartentag vor.

=====
„Piep, piep, piep“, das ist nicht die Sonne. Das ist der verfluchte Wecker! Die Flügeltüren sind nicht offen, im Gegenteil: Die Winter-Doppel-Türe versucht die Nachtkälte draußen zu halten. Die Schlafmütze ist mir vom Kopf gerutscht und der Kopf ist fast schmerzhaft ausgekühlt. Die Wärmflasche, gestern Abend noch schön heiß wird jetzt von der Körperwärme gerade noch so lauwarm gehalten. Die Decke um den Kopf herum ist ganz feucht vom Atem.
6 Uhr: höchste Zeit aufzustehen! Ich schnalle mir die Stirnlampe um den Kopf, schlage die außen klammen und innen warmen Decken zur Seite und richte mich schnell auf, um mich anzukleiden. Das Thermometer zeigt 3 Grad Celsius. Puh, ist das kalt! Das Laken ziehe ich ab und hänge es samt der Schlafmütze an einen Haken. Das Futon wird aufgerollt, die Pinkelflasche und die Wärmflasche vor der Türe platziert. Der Parker an, Mütze auf, Handschuhe an und in die Lederstiefel geschlüpft. Vorsichtig die Türe öffnen, dann die Winter-Vorbau-Türe. Es hat geschneit. Das Außenthermometer zeigt -18 Grad Celsius. Ich stapfe mit der Pinkelflasche und der Wärmflasche zur Hecke hinter der Türe. Der Inhalt der Pinkelflasche düngt die Hecke, das lauwarme Wasser der Wärmflasche spült die Flasche.
Die Flasche geht zurück in die Hütte, der Rest mit mir hinunter ins Haus. Als ich an den Hochbeeten vorbeikomme, grabe ich einen Lauch und etwas Grünkohl aus dem Schnee. Die Wintergemüse können in der Küche auftauen, für das Essen heute Abend.
Die Zeit drängt. Zuerst den Ofen einheizen. Die Katzen haben Hunger und bestehen auf ihrem Frühstück. Wohl bekomme es!
Aber jetzt. Zum Glück ist noch genügen Holz in der Kiste. Die Asche in den Aschenkübel, den Holzstapel gesetzt, ein Streichholz daran. Langjährige Routine lässt den Brand problemlos gelingen. Der große Wassertopf auf dem Ofen ist noch leicht warm. Genug als Trinkwasser für die Schafe. Die Rübenschnitzel habe ich schon gestern eingeweicht. Ich stapfe mit Wassereimer und Futterschüssel zum Schafstall. Die Stirnlampe zeigt mir den Weg.
Die fünf Schafe warten schon. Dank ihres dicken Pelzes haben sie kein Problem mit der Kälte. Der Wassereimer ist zu zwei Drittel leer und das restliche Wasser gefroren. Ich tausche den Eimer mit dem gefrorenen Wasser gegen den mit dem warmen.
Die Rübenschnitzel schütte ich in den Futtertrog. Die Schafe machen sich brav nebeneinander aufgereiht, hungrig darüber her.
Ich steige auf die Leiter und werfe und stopfe das Heu vom Spitzboden des Schafstalls in die Futterraufe.
Auf dem Rückweg vom Schafstall nehme ich aus dem Holzschuppen noch einen Arm voll Brennholz mit nach drinnen.
Den Ofen staple ich nochmal voll Holz, dann ist es höchste Zeit, das Haus zu verlassen. Der Bus wartet nicht.

Das tut er tatsächlich nicht. Im Gegenteil, er hält mich wohl für einen Schüler und fährt einfach vorbei. Ich schimpfe. Die 13-jährige Schülerin tröstet mich und meint, ich könnte mit dem Schulbus mitfahren. Sie hat recht. Der Bus geht zwar zum Gymnasium, und befördert fast nur Schüler, aber es ist ein öffentlicher Bus.

Er nimmt mich mit zur zentralen Haltestelle. Mein Anschlussbus scheint (zum Glück) Verspätung zu haben.
Plötzlich hupt es auf der anderen Seite der Bundesstraße. Es ist der Busfahrer meines Busses. Er winkt. Hastig überquere ich die Bundesstraße und steige ein. Der Busfahrer meint, er wäre spät dran und wenn er noch zur Haltestelle fahren würde, bekäme er noch mehr Verspätung.

Mein Chef ist ungehalten wie immer, dass ich zu spät komme. Er findet, ich sollte mir endlich ein Auto kaufen. Gerade auf dem Land wäre das unverzichtbar.

=====
„Opa wach auf, gleich geht die Sonne auf. Wir müssen in den Bunker, sonst bekommen wir einen Hitzschlag.“
Ich stehe auf.
„Warum ziehen wir nicht in eine wirtlichere Gegend“, frage ich. „Irgendwo auf der Erdkugel muss das Klima doch gemäßigter sein.
„Aber Opa, wo sollte das denn sein? Jedes Kind weiß: Die Erde ist eine Scheibe und die Sonne nur 4000 Kilometer entfernt. Wohin sollten wir also ziehen?“


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zuletzt bearbeitet 18.12.2022 | Top

RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#37 von petias , 26.12.2022 21:16

Schreibwettbewerb Seitenwind (inoffizielle) Woche 11: Weihnachten

Es gibt mehrere mögliche Aufgaben. Ich habe mir ausgesucht:
Und wenn sie nicht gestorben sind. Wie lange brauchen Dornröschen, der Prinz und ihr Gesinde, um all die Spinnweben und Mäusenester zu entfernen? Was macht das Sterntalermädchen mit seinem neu erworbenen Reichtum? Sind eine halbe Ballnacht und ein verlorener Schuh eine Basis für eine funktionierende Beziehung?

Spieglein, Spieglein blank und fein – wer soll meine Liebste sein?

Königin Schneewittchen von Siebenbergen war noch schöner geworden seit ihrer Hochzeit mit Prinz Sanftkühn, dem Bruder des Königs Rostbart, Herrscher von Burgenstolz, dem Nachbarreich. Sanftkühn war Schneewittchens geliebter Prinzgemahl und ihr erster Berater in allen Staatsangelegenheiten.
Das Leben hätte so schön sein können, im ganzen Land und allüberall, wären nicht die Zauberspiegel gewesen.

Sicher erinnert ihr euch noch an das „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“
Das war der Bedienspruch des Spiegels „Neid und Narziss“. Schneewittchens Stiefmutter hatte ihn in ihrer Wut zerbrochen. Aber das zerstört einen solchen Spiegel nicht. Jederzeit kann er an unvorhersehbarer Stelle seine unheilvolle Auferstehung feiern.

Derzeit aber bedrohte den Frieden ein anderer Zauberspiegel: „Gier und Missgunst“. Ein unbekannter böser Geist hatte ihn Schneewittchens Schwager König Rostbart in die Hände gespielt.

„Spieglein, Spieglein blank und fein – wer soll meine Liebste sein?“, fragte der König allabendlich seinen Spiegel, nachdem er sich in seine Gemächer zurückgezogen hatte.
„Schneewittchen ist für dich bestimmt – zu Unrecht sie dein Bruder nimmt. Hole heim, was dein, so wirst du immer glücklich sein!“

Diese Nachricht des Zauberspiegels treibt Rostbart von Tag zu Tag mehr um, und er lässt zum Krieg rüsten. „Si vis pacem para bellum“ ist der Merkspruch der Rekruter. Alle wehrhaften Männer des Landes werden zur Armee eingezogen und es kann nicht mehr lange dauern, bis der Krieg ausbrechen wird.

Inzwischen, über den sieben Bergen bei den sieben Zwergen:

Auch bei den Zwergen gibt es ein Problem, das mit einem Zauberspiegel zu tun hat. Benni, der kleinste und jüngste Zwerg, hat auch einen Zauberspiegel gefunden. In einem verborgenen, längst verwaisten Stollen, ganz tief im Berg. Sein Name: „Ich seh etwas, was Du nicht siehst!“
Sein Bedienspruch lautet (das stand auf einem Wachstäfelchen, das an ihm befestigt war):
„Spieglein, Spieglein blank und fein, wer bin ich, was will ich sein?“
Aber dieser Spiegel antwortete nicht, er zeigte nur ein Bild, das nicht den Betrachter widerspiegelte, so wie er war, sondern so, wie der Spiegel fand, dass er sein sollte.

Benni wurde von Tag zu Tag nachdenklicher und trauriger. Eines Tages fragte er Hampel, ob es denn eine Krankheit wäre, wenn man kein Pimmelchen hätte.
„Ja, lachte der. Die Krankheit heißt Frau!“
Lachend und kopfschüttelnd zog er von dannen.

Benni fragte Boss, was denn geschähe, wenn er kein Zwerg mehr wäre, sondern ein Zwergenmädchen.
„Dann müsstest Du auf der anderen Seite des Berges leben, im Land Burgenstolz. Nur einmal im Jahr, zur Sommersonnenwende, treffen sich Zwergenfrauen und Zwerge in der Mitte des Berges, zu einem Fest. Von den Kindern, die sie gebären, kommen die Jungen im Alter von sieben Jahren zu uns. Die Mädchen bleiben auf der anderen Seite.“

In seiner Not vertraute Benni dem Boss sein ganzes Geheimnis an und zeigte ihm den Spiegel. Der schlief eine Nacht darüber einen unruhigen durch viele Wachphasen unterbrochenen Schlaf.
Am nächsten Morgen ergriff er seine Maßnahmen. Mit Hilfe der Zwergenfrauen im Nachbarland gelang es den Zwergen, Rostbarts Zauberspiegel durch den von Benni zu ersetzen. Der Spiegel „Gier und Missgunst“ wurde tief in einem alten verlassenen Bergwerksstollen versteckt.

Erst dachte Rostbart, der Zauberspiegel wäre kaputt gegangen, als er ihm, statt zu antworten, nur immer das Bild eines wunderschönen Baumes zeigte. Es war die Weide im Innenhof seiner Burg. Schließlich begriff er.

Es dauerte nicht lange, da wurde die feindliche Armee wieder abgerüstet. König Rostbart schlief fortan bei offenem Fenster mit Blick auf die wunderschöne Weide. Den größten Teil des Tages verbrachte er unter ihrer stattlichen Krone. Er wollte sich schier nicht mehr von ihr trennen.

Zum Weihnachtsfest kamen Königin Schneewittchen und Prinzgemahl Sanftkühn über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, denen sie innig verbunden waren, seit sie sich dort kennengelernt hatten. Alles hatte sich wieder zum Guten gewendet. Der Krieg war abgeblasen, die sieben Zwerge mussten nicht ihren Namen ändern, denn Benni wollte kein Zwergenmädchen mehr sein. Der königliche Schwager hatte jedes Interesse an Schneewittchen verloren.

Aber die Zukunft liegt im Dunkel. Ein Wahrsager von Siebenbergen erzählt von einer Zeit, in der der Spiegel „Neid und Narziss“ und der Spiegel „„Gier und Missgunst“ gleichzeitig in die Hände des russischen Zaren Putin des Ersten fielen.

Bleibt nur zu hoffen, dass auch der Spiegel „Ich seh etwas, was Du nicht siehst!“ Den Weg zu ihm findet. Oder? Was würde Putin wohl darin sehen? Am Ende „KingKong“ oder „Gozzilla“?


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zuletzt bearbeitet 28.12.2022 | Top

RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen.

#38 von petias , 28.12.2022 10:55

Das war Seitenwind 2022

Das ist der Name des abschließenden Threds zu Seitenwind in der Papyrus Community. Ich habe auch eine Beitrag geschrieben.

Ich danke den Veranstaltern für die erfolgreiche Durchführung des Wettbewerbes. Auf das Chaos der Durchmischung von Beiträgen und Kommentaren in den ersten Themen wurde effektiv reagiert. Die Einführung der neuen Ebene unter den Beiträgen für die Kommentare hat sich sehr positiv ausgewirkt.

Gerechtigkeit der Bewertung? Faire Bedingungen? Ja!
Was kann klarer sein, als einen Beitrag zu schreiben, und die Anzahl der „Likes“ entscheidet.

Fair? Niemals! Meine Beiträge wurden alle bei Weitem nicht gebührend gewürdigt, falsch verstanden, falsch bewertet – finde ich.
Aber genauer betrachtet, es gibt schon wirklich viele Beiträge, die deutlich besser waren als meine. Und es geht auch nicht um meine zwangsläufig subjektive Meinung über meine Beiträge, sondern die der anderen Schreiber. Ich danke jeder/jedem, die/der sich die Mühe gemacht hat, einen meiner Beiträge zu lesen oder gar zu kommentieren.

Ich gestehe, dass ich nur einen Bruchteil der anderen Beiträge gelesen habe. Das ist nicht fair! Aber ich hätte das nicht geschafft. Bin derzeit anderweitig sehr eingespannt. Aber diese mangelnde Fairness kann man nicht den Veranstaltern anlasten und auch nicht die hohe Zahl der Beiträge.

Dass Beiträge gesperrt / gelöscht worden sind, habe ich nicht mitbekommen und diese Beiträge auch nicht gesehen. In der heutigen Zeit – gerade in öffentlichen Foren – steht „Political Correctness“ oft über der Meinungsfreiheit.
Aber: Wenn ich ein solches Forum betreiben würde, würde ich auch nicht jede Meinungsmache, Fehlinformation oder Propaganda, zumindest nicht unwidersprochen, zulassen.
Mir wurde in einem Beitrag dessen mögliche Sperrung angedeutet. Ich hatte in einem Western – Kontext - Klischee das Wort „Nigger“ benutzt. Wäre mein Beitrag tatsächlich gesperrt worden, hätte das meinen Ausstieg aus dem Wettbewerb zur Folge gehabt. Er ist es aber nicht!

Gewonnen habe ich nichts. Das war auch nicht zu erwarten. Darum ging es mir in keinem Augenblick. Das „Papyrus Autor“ – Programm besitze ich schon seit Jahren auch immer in der neuesten Version.
Dass ich es nur begrenzt für mein Schreiben einsetze, liegt daran, dass man es nicht ohne Internet (einmal in vier Wochen mindestens), soviel ich weiß, einsetzen kann. Mir als Selbstversorger und Vorbereiter auf Krisen, die hoffentlich nicht kommen werden, ist die Vorstellung zuwider, dass ich auf meine Texte nicht mehr zugreifen kann, wenn eine Notlage mir das Internet nimmt, zumindest, wenn ich nicht immer die neueste Version meiner Texte pünktlich in einem Austauschformat eines vom Internet unabhängigen Programmes gespeichert habe. Oder liege ich da falsch?

Ich wünsche allen ein erfolgreiches und kreatives neues Jahr!


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Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#39 von petias , 26.04.2023 15:17

Nachtschicht

Peter Matthias im April 2023

Der Wecker tutet! Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bevor das in mein Bewusstsein vordringt. Es ist stockdunkel. Beim Abstellen des Tutens sehe ich die Uhrzeit: 1:30 Uhr. Langsam sickern die Umstände, deren Opfer ich bin, in meinen Kopf. Ich war früh, 20:30 Uhr schlafen gegangen. Trotzdem bin ich nach einer 12 Stunden Schicht gleich eingeschlafen. Die Ohrstöpseln des MP3- Players stecken noch in den Ohren. Aber es ist keine Musik mehr drin. Der Akku hält nur ca. eine Stunde. Der Wecker hat mich geweckt, weil ich nachsehen muss, ob es regnet. Die Wetter-App hatte zum Zeitpunkt des Schlafengehens noch keinen Regen vorhergesagt, aber:

"Ein Mensch, der - weil er's längst erprobt -
den Tag nie vor dem Abend lobt,
lernt selbst am Abend noch zu zittern,
denn oft kommts auch zu Nachtgewittern!"
,

dichtet Eugen Roth und ich bin in den letzten Wochen solch ein Mensch geworden.
Ich höre, wie der Regen auf das Dach meiner Schlafhütte prasselt. Die Hoffnung, einfach weiter schlafen zu können, weil Witterung und Wetter App das zulassen: zerplatzt!

Taschenlampe, Hüttenlicht, anziehen, Futon aufrollen und ab nach unten zum Haus.
Die Akkus für die Stirnlampe sind noch im Ladegerät. Ich setze sie ein - und bin bereit für den Marsch zur Baustelle.
Die Ampel, die den Verkehr einspurig am Kran und Balkenlager vorbeiführt, verwehrt ganz umsonst mit ihrem Rotlicht die Durchfahrt. Kurz vor 2 Uhr gibt es keinen Verkehr auf der Bundesstraße.
Die Fenster der Mietswohnungen liegen dunkel in der Nacht. Die Bewohner schlafen oder sind zur Nachtschicht - wie ich. Ich steige die Treppe hoch zum oberen Stock.
Der Regen trommelt auf die Planen, die anstelle eines Daches über die leeren Zimmer ohne Decke gespannt sind. Überall stehen Bottiche und Eimer, in die Wasser durch die Löcher in den Planen tropft und rinnt. Aber auch das freche "Platsch" ist zu hören, wenn es direkt auf die ausgelegten Folien auf den Boden tropft. Im Vorbeigehen schnappe ich mir einen Eimer und steuere das "Platsch" an. Auf der Folie hat sich schon eine ansehnliche Pfütze gebildet. Ich stelle den Eimer unter die Tropfstelle. Das „Platsch“ wird zum „Plopp“. Ein sehr viel freundlicherer Ton! Putzlappen - meist alte Handtücher - liegen überall herum. Ich schnappe mir einen und wische die Lache auf. Beim Auswringen des Lappens fühle ich das kalte Wasser und wie der mit aufgenommenem Sand vom Boden an meinen Händen scheuert. ich finde die Stelle, wo ich meine Gummihandschuhe abgelegt hatte. Es kostet einige Mühe, die Gummifinger über meine nassen, sandigen Finger zu bekommen. Höchste Zeit für eine Eimerleer Runde! Ich schnappe mir zwei und laufe als erstes die Kandidaten an, die schnell überzulaufen drohen. Die stehen zwar in aller Regel in größeren Wannen, damit, sollten sie überlaufen, das Wasser nicht auf den Boden fließt und womöglich am Ende der Plane in die Mauer sickert. Ob die Mieter in den tiefer liegenden Wohnungen ruhig schlafen können oder empört und Schadenersatz fordernd oder gar mit Kündigung drohend bei der Hausbesitzerin anrufen, hängt von meiner Sorgfalt ab und der Sorgfalt von denen, die sich mit mir den Job teilen.
An eine so lange Regenperiode kann ich mich nicht erinnern. Letztes Jahr um diese Zeit stöhnten viele bereits unter der anhaltenden Trockenheit. Klimawandel heißt eben nicht: immer sonniges, trockenes und heißes Wetter, sondern kann auch wochenlange Kälte und Dauerregen bedeuten. Und ausgerechnet in solcher Zeit wird das alte Dach des Mehrparteien-Mietshauses abgerissen und durch ein neues ersetzt. Aber derlei will geplant sein und die verschiedenen Firmen, die abreißen, den Dachstuhl bauen, das Dach decken und die Dachrinnen und Fallrohre installieren, müssen abgestimmt aufeinander ihre Dienste verrichten. Da kann nicht auf Regentrage Rücksicht genommen werden - schon gar nicht auf Regenwochen!
Ich nehme den fast vollen Eimer aus dem Bottich und ersetze ihn durch einen der mitgebrachten Eimer. Dasselbe geschieht an der nächsten Tropfstelle. Aber diesmal ist der Eimer bereits übergelaufen. Ich schütte etwas Regenwasser davon in den ersten, nicht ganz vollen Eimer, so dass das Wasser beim Tragen nicht auf den Boden schwappt. Mit Mühe schleppe ich die Last zum großen, 350 Liter fassenden Bottich und leere die Eimer da hinein und weiter geht es. Man hört es schon an der Tonhöhe der „Plitsch“ (wenn der Eimer nicht mehr leer ist und Wasser ins Wasser tropft), welche Eimer sehr voll sind und dringend nach Entleerung rufen. Diese Stellen laufe ich zuerst an. Wenn ich denke durch zu sein, haben sich bereits entleerte Eimer aufs Neue gefüllt. Ich fühle mich wie der Zauberlehrling aus Goethes gleichnamigen Gedicht.

„Stehe, stehe,
denn wir haben,
deiner Gaben voll gemessen! -
Ach ich merk es! Wehe, wehe!
Hab‘ ich doch das Wort vergessen!
Ach, das Wort, worauf am Ende
er das wird, was er gewesen.
Ach, er läuft und bringt behände!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
Bringt er schnell herein,
Ach! und hundert Flüsse
Stürzen auf mich ein.“


Endlich lässt der Regen nach. Nun komme ich dazu, Blasen, die sich in der Plane gebildet haben zu entleeren. Dabei schiebe ich mit zwei Besen die Wasseransammlungen in Vertiefungen der Planen, die das Zimmer überspannen zu den Löchern, aus denen das Wasser in die Eimer läuft. Macht man das nicht, kann das Gewicht der Wasseransammlungen zu groß werden und die Folie herunterreißen. Dann hätte man keine Chance mehr, die Überflutung der Wohnungen zu verhindern. Die Kunst des „Blasen Entleerens“ besteht darin, dass man die Wassermassen so gezielt zu den Löchern leitet, unter denen Kübel und Eimer stehen, dass der Wasserstrahl nicht unkontrolliert herumspritzt, sondern in die Eimer trifft.
Die meisten der Ablaufstellen haben wir mit Absicht am tiefsten Punkt der Blase gestochen. Aber es gibt auch andere Löcher, die ebenfalls ein Auffangbecken erfordern, will man die Putzteufeleien auf ein erträgliches Maß begrenzen. Aber es bleibt nicht aus, dass Spritzer und kleine Lachen entstehen auch auf den Bodenfolien und Wischarbeit erfordern.
Der Regen hat aufgehört. Aus dem Rieseln ist wieder durchgängig ein „Platsch“, Plopp“ und „Plitsch“ geworden. Zeit für Nachjustierungen der Eimer und gründlichere Wischarbeit.
Zum ersten Mal nach einer guten Stunde, habe ich Zeit für einen Moment Pause. Ich konsultiere die Wetter App. „Einsetzender Regen, teils kräftig, gegen 3:45 Uhr.
In einer viertel Stunde. Vielleicht stimmt es nicht? Ab und an fällt auch mal ein Regen aus, genau wie – gefühlt viel häufiger – eine angekündigte regenfreie Periode durch Regen unterbrochen wird.
Ich werfe die Pumpe an. Wenn das Fass zu voll wird und die Pumpe hat einen Aussetzer, dann kann es schon mal eng werden. Der Motor fängt an zu schnurren und der Schlauch, der das Wasser in die nächstgelegene Dachrinne eines Anbaues leitet, wird hart. Nach Minuten entsteht ein feuchter Rand über dem Wasserstand, der anzeigt, dass der Pegel sinkt.
Ich ziehe meine Jacke wieder an. Es ist kühl in der Nacht. Wenn ich nicht wie ein Berserker herumlaufen muss, kann ich sie gut gebrauchen.
Der Regen beginnt kurz nach vier Uhr. Die App sagt: „Leichter Regen“. Als erfahrener Regenbekämpfer bleibe ich noch ruhig. Es dauert eine Weile, bis genug Wasser zusammenläuft und sich die erste Runde lohnt.
Die Pumpe schalte ich wieder aus. Wenn sie trocken läuft, muss ich sie erneut primen (mit Wasser füllen) – das hält auf.

Der Regenguss bleibt verhalten und von kurzer Dauer. Aber die Perioden zwischen den Regengüssen sind auch nur kurz. Es regnet die ganze Nacht. Um halb 6 Uhr fängt es an zu dämmern. Um 6:21 Uhr, sagt die App, geht die Sonne auf. Ich brauche die Stirnlampe nicht mehr. Ich nehme sie ab und schalte sie aus.
So Manches schwirrt mir durch den Kopf. Freunde von mir haben sich dem „Indigenen Volk Germaniten“ angeschlossen. Eine Gruppierung, die eine Ulrike Maia Kuklinski, genannt Uschi vor 10 Jahren gegründet hat. Die Behörden subsummieren die Gruppe unter „Reichsbürger und Selbstverwalter“.
Die Germaniten streiten darum, von den Behörden als ein Indigenes Volk ähnlich den Indianern, den Inuit, den Sinti und Roma etc. anerkannt zu werden. Und somit rechtlich nach dem Völkerrecht zu operieren und nicht mehr nach nationalem Recht. Sie sterben so eine Art Staat im Staate an, im Gebiet des Deutschen Reiches von 1937 mit eigenen Verwaltungsstrukturen, eigenem Gesundheitswesen etc. Sie wollen dem Staat keine Steuern zahlen und die eigene Gruppierung bescheidet sich mit 10 Prozent des Einkommens. Der Zehnte war im Mittelalter schließlich auch genug.
Für ihren eigenen völkerrechtlich verankerten Grundbesitz gelten die Rechte bis zum Erdmittelpunkt und nicht nur bis in einen Meter Tiefe oder so. Und der Besitz ist eng mit dem Besitzer verbunden. Damit wollen sie all den Gesetzten aus dem Weg gehen, die gerade drohen. Dämmung, Heizung, Grundsteuer, Lastenausgleich etc. sind ein rotes Tuch.
Ich finde Privateigentum an Grund und Boden als zutiefst ungerecht. Nur weil ein Vorfahr zur rechten Zeit - mit welchen Mitteln auch immer - sich in ein Register hat eintragen lassen, wird das Eingetragene für alle Zeiten ihm und seinen Nachkommen zugutekommen und alle anderen ausschließen? Ich finde eher, Grund und Boden sollte von der Gemeinde verwaltet werden und gegen Gebühr an Gemeindemitglieder je nach Bedarf und Möglichkeit, verantwortliche Pflege eingeschlossen, auf Zeit verpachtet werden.
Aber ich sehe ohnehin keine Chance, dass die Germaniten, nur weil sie wie alle anderen in Europa auch, möglicherweise germanische Wurzeln haben, eine eigenen Ethnie bilden und als solche von den staatlichen Stellen anerkannt werden.
Ob das „Völkerrecht“ eine Hilfe bieten könnte, eine Gegenkultur zu immer mehr Digitalisierung, Überwachung und Abhängigkeit von unbeeinflussbaren Strukturen wie Energieversorgung, Smart Meters, die genau wissen, wann man aufsteht, arbeiten geht oder schläft, in Urlaub ist oder zu Hause, Abschaffung des Bargeldes, Gesichter Erkennung und was uns nicht alles bedroht, kann man sich mal ansehen. So oder so, die Schaffung einer Gegenkultur wird …

Die Zimmerleute kommen. Es ist wohl schon 7:30 Uhr. Der Regen hat aufgehört. Sogar die Sonne blinzelt durch die Wolken. Mein Kollege ist auch gekommen und wir decken Teile der Folie ab, damit die Leute arbeiten können. Je schneller das Dach dicht ist, desto schneller werden die Nachtschichten überflüssig. Und – Nachdenken lässt es sich viel gemütlicher im warmen gemütlichen Bett!


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#40 von petias , 26.09.2023 11:48

Dann waren sie nicht von American Express ...

Es war im Jahre 1984, in dem Jahr, das den Titel von George Orwell’s berühmten dystopischen Roman bildet. Aber es war ein Jahr wie andere, ein Augenblick im zäh dahinfließenden Brei der Zeit.
Aber wie jedes Jahr, so erwies sich auch dieses irgendwie besonders. Vor fast zwei Jahren war ich mit drei Freunden von Deutschland aufgebrochen, um nach Neuseeland auszuwandern. Wir dachten, das wäre ein lauschigeres Plätzchen als Mitteleuropa im Falle eines bedrohlich heraufziehenden apokalyptischen Weltkrieges.
Wir hatten uns das Land durch Rad- und Autotouren erschlossen, uns für 6000 neuseeländische Dollar ein kleines altes Häuschen aus der Goldgräberzeit gekauft, in diversen Jobs gearbeitet und jeder sich auf seine Weise um ein Bleiberecht bemüht. Als Tourist durfte man, ein Jahr lang innerhalb von zwei Jahren sich in Neuseeland aufhalten. Einen Arbeitgeber vorausgesetzt erhielt man innerhalb dieser Zeit auch problemlos eine Arbeitserlaubnis, aber eine „permanent residence“ eine Daueraufenthaltsgenehmigung war schwer zu bekommen. Die Möglichkeiten waren: Gründen einer Firma mit Nachweis eines entsprechenden Kapitals, ein Job, der innerhalb der Arbeiterschaft des Landes nicht zu besetzten war und der das Land voranbringen würde oder – Heirat mit einer neuseeländischen Staatsbürgerin oder einem neuseeländischen Staatsbürger.
Hanne und Hubert waren schon verheiratet, aber Hubert erfüllte als Spezialist für bleiverglaste Fenster die Job-Bedingungen. Gerade zu der Zeit hatten Rowdys die Kirchenfenster der Kathedrale in Christchurch eingeworfen und ein Glaser mit diesbezüglichen Kenntnissen war willkommen.
Peter verliebte sich in Theresa, eine verheiratete Neuseeländerin mit zwei Kindern, die von ihrem Mann getrennt lebte. Er heiratet eine Freundin von Theresa, die Theresa zuliebe bereit dazu war.
Und ich? Nachdem ich vergeblich die erziehungswissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten von Auckland, Christchurch und Dunedin daraufhin abgeklopft hatte, ob die was mit einem Inhaber eines deutschen Diploms in Erziehungswissenschaften anfangen könnten, versuchte ich mich als Farmarbeiter auf einer großen Farm mit Herdbuchschaf- und Rinderzucht. Das erschein mir nicht so sehr wegen meines Facharbeiterbriefes in der Landwirtschaft erfolgversprechend, sondern weil der Farmer einen Minister in der Regierung zum Freund hatte, und er überzeugt war, mich mit seiner Hilfe problemlos ins Land zu bringen.
Leider verlor die Regierung überraschend die Wahlen und ich musste am Ende als Einziger von uns vieren wieder ausreisen. Der Entscheidungsprozess über meinen Einwanderungsantrag hatte sich so lange hingezogen, dass ich statt dem üblichen Jahr ein viertel Jahr länger bleiben durfte. Ein schwacher Trost.

Ich war nach Australien weitergereist. Meine Reiseschecks in Höhe von damals noch 2000 US$ ermöglichten mir ein 6 Monate gültiges Reisevisum. Ich trampte in Australien herum, lebte von „Fruit Picking“ (als Erntehelfer) und wanderte durch Nationalparks.
Am Ende des Visums reiste ich nach Fidschi aus. Dort durfte man zwei Monate als Tourist verweilen. Die meiste Zeit lebte ich auf einer kleinen, dem Festland vorgelagerten Insel in der Nähe der Hauptstadt Suva. Dort traf ich einen Deutschen und seine frisch angetraute Frau, eine Western-Samoanerin auf Hochzeitsreise. Sie trugen sich mit dem Gedanken, eine Fischkonservenfabrik auf Western Samoa zu errichten, weil die Einheimischen lieber Fisch aus Dosen aßen, als sich im überall nahen Meer zu bedienen.

Rechtlich hätte die Möglichkeit bestanden, wieder nach Australien einreisen zu dürfen. Dafür hätte schon ein Tag der Ausreise gereicht. Das wurde in meinem Fall vom „Emigration Officer“ abgelehnt. Also bin ich weiter nach Hawaii gereist, einen Bundesstaat der USA. Nach einer Woche dort, mir hat es da nicht gefallen, zu teuer und zu touristenorientiert (allerdings konnte man mit dem Bus für 50ct um die ganze Insel fahren), bin ich weiter nach Los Angeles geflogen, wo ich es noch schrecklicher fand. Mit einem kurzen Zwischenhalt in Santa Barbara landete ich schließlich in San Francisco, der Stadt der Hippies und der Schwulen. Mein Visum galt vier Monate.

Wollte ich danach wieder zurück nach Neuseeland, musste ich dringend Geld verdienen. Meine Reisechecks waren, vor allem durch die Flüge, auf 1000 US$ zusammengeschmolzen. An Bargeld hatte ich noch ca. 50 Dollar. Ich quartierte mich in einem Hostel mitten in der Stadt ein, in dem man für 5 Dollar pro Nacht seinen Schlafsack in einem von mehreren großen Zimmern auf dem Boden ausbreiten durfte. Duschen und einen Fernsehraum gab es auch. In der Stadtbibliothek studierte ich Stellenanzeigen, um den Bedarf des Landes an Qualifikationen zu ermitteln. Dabei hatte ich meine erste Begegnung mit einem Computer. Für 50 Cent die viertel Stunde konnte man diverse Programme ausprobieren. Ich spielte mehrmals ein Spiel, das versprach mühelos Schreibmaschine im 10 Fingersystem zu lehren. Hat damals bei mir nicht funktioniert.
Meine Recherchen ergaben, dass zwei Qualifikationen mir gut weitergeholfen hätten: kaufmännische Kenntnisse in Buchhaltung z.B. und Kenntnisse in der EDV. Die Zukunft lag bei den Computern. Bereits seit 1981 hatte IBM seinen PC (Personal Computer) in den USA auf den Markt gebracht und sein Siegeszug schien unaufhaltsam. So entschied ich mich, diese Richtung für mich zu wählen.

Als ich am nächsten Morgen im Hostel aufwachte, war die Tasche mit den Reisechecks verschwunden. Nachfragen beim Check-in und unter den Mitbewohnern brachten keinen Erfolg. „Egal“, sagte man mir. „Geh doch zum Büro von American Express, da erhältst Du innerhalb von 24 Stunden Ersatz. Oder sind deine Checks etwa nicht von American Express?“
Doch, waren sie. Auch ich hatte schon mehrmals die Werbung von American Express im Fernsehen gesehen, mit denen sich die Firma gegen die Konkurrenz von Thomas Cook und andere zu profilieren versuchte.
In dem Spot beklagte sich eine Frau, dass ihre verlorenen Reiseschecks noch immer nicht ersetzt worden wären.
„Weren’t they from American Express?“, war die Antwort, die sich zum geflügelten Wort entwickelte.
Also sprach ich guten Mutes bei American Express vor. Eine persönliche Sachbearbeiterin kümmerte sich um mich, stellte viele Fragen und ließ mir ein paar Formulare ausfüllen. Schließlich schlug mir die Lady of color vor, in einer Woche wiederzukommen. Wenn bis dahin zumindest die ersten der gestohlenen Reisechecks eingelöst worden waren, oder der Versuch dazu aufgedeckt worden ist, würde ich meinen Ersatz bekommen.
Ich wies sie auf die Werbung mit dem 24 Stunden Versprechen hin, aber sie erklärte mit, dass es derzeit ein Buch auf dem Markt gäbe, mit dem Titel „How to ripp of American Express“ (wie man American Express betrügt) und ich als Langzeitreisender würde da perfekt ins Schema passen.

Eine Woche! Ich hatte noch knapp 30 Dollar. Ich beschloss, im Hostel meine Sachen zu packen und aufs Land zu fahren. Meine Wahl fiel auf den „Point Reyes National Seashore“ Nationalpark, nicht weit von San Francisco entfernt. Ich fuhr mit dem BART (Bay Area Rapid Transit) unter der Oakland Bay durch und es gab eine Haltestelle nicht weit vom Eingang des Nationalparks entfernt.
Ich verbrachte eine nachdenkliche Woche mit Wandern (Hiken), Baden und Strandspaziergängen.
Mein Geld reichte nicht mehr für die Fahrt zurück mit dem BART. So musste ich über die Oakland Bay Bridge trampen, was gar nicht so leicht war, denn das Überqueren der Brücke kostet eine Transitgebühr. Aber schließlich erbarmte sich doch eine Studentin an der Berkeley University of California, einer weltweit renommierten Uni, die auch an der Bay liegt und nahm mich mit über die Brücke.

Von meinen Reiseschecks war noch keiner eingelöst worden, und meine persönliche Beraterin riet mir, nach Hause zu fahren und die Erstattung in Deutschland zu beantragen, wo ich sie gekauft hatte. In den USA würde ich keinen Ersatz dafür erhalten.

Und jetzt?
Im Hostel hatte es einen Aushang gegeben: Für 8 Dollar konnte man bis zu zweimal die Woche Blutplasma Spenden in einer Einrichtung nicht weit vom Hostel entfernt.
Also auf zum Blutspenden! Nach den Formalitäten, der Kontrolle des Ausweises und einer Kurzberatung wies man mir ein Bett zu. Eine Schwester kam, plauderte mit mir, und nahm mir einen halben Liter Blut ab. Der Beutel wurde in meinem Beisein beschriftet, was ich kontrollieren sollte. Der Beutel kam in eine Zentrifuge und wurde der roten Blutkörperchen beraubt. Den Rest sollte ich wieder zurück in meinen Arm bekommen. Vorher musste ich bestätigen, dass der Beutel, den man mir zeigte, auch der von mir war. Nachdem ich das getan hatte, schloss sie den Beutel an und öffnete den Verschluss, der den Durchfluss regulierte. Sofort war sie wieder weg zu einem anderen Spender.
Ich beobachtet, völlig perplex, wie eine ca. 10 Zentimeter lange Luftblase in dem Schlauch sich rasant in Richtung meines Armes bewegte. Ich konnte erst reagieren, als die Luftblase schon in meinem Blutkreislauf verschwunden war. Ich dachte an die Bilder, wie die Ärzte auch die kleinsten Lufteinschlüsse aus den Spritzen drückten und sah mich schon ins Koma sinken. Ich rief nach der Schwester und berichtete ihr den Vorfall. Aber sie gab Entwarnung. Sie meinte, da müsste schon bedeutend mehr Luft in den Kreislauf fließen, bevor es zu einer Embolie käme.
Nach einer kurzen Ruhephase in einem speziellen Warteraum bekam ich meine 8 Dollar bar auf die Hand.
Acht Dollar reichten für eine Übernachtung im Hostel und ein wenig zum Essen.

Im Hostel fand ich einen weiteren Anschlag an der Pin-Wand: ein Künstler suchte Aktmodelle 19 US Dollar für eine Stunde. Die Adresse gäbe es am Check-in.
Man händigte mir eine Adresse aus unter der Bedingung, an mindestens drei aufeinanderfolgenden Wochen bereit zu sein für eine Stunde Modell zu stehen. Ich lief hin. Es war ein Weg von ca. einer halben Stunde. Der Künstler war sehr einsilbig, aber freundlich. Er forderte mich auf, mich zu entkleiden, und drapierte mich auf einer Matratze, die auf dem Boden lag. Er saß ca. 3 Meter entfernt an einer Staffelei und begann mit dem Bleistift zu skizzieren.
Am Ende der Stunde, das eine große Uhr für uns beide anzeigte, forderte er mich auf, mir meine Position zu merken, damit ich sie nächstes Mal wieder einnehmen könnte.
Nachdem ich auf seine 20 Dollarnote nicht herausgeben konnte, verzichtet er auf das Wechselgeld.

Die Woche drauf wartete er geduldig, bis ich meine Position wieder eingenommen hatte. Dann verglich er sie mit dem, was er bei der ersten Sitzung gezeichnet hatte, und beschrieb mit dem Zeigefinger einen Viertelkreis. Ich verstand nicht. Er zeigte auf seine Körpermitte und wiederholte die Bewegung. Schließlich begriff ich. Mein Penis lag nicht in der gleichen Position wie beim letzten Mal. Er sollte nicht längs zum Oberschenkel liegen, sondern quer.

Nach der dritten Sitzung erklärte er mir, dass er fertig sei, aber er wollte mir sein Werk nicht zeigen. Es würde sein Malen beeinflussen, wüsste er, dass er es nachher dem Modell zeigen müsste. Er sähe sich ihn in seiner Schaffenskraft behindert. Ich denke, die Gefahr ist gering, dass irgendwo in San Franzisko oder sonst wo ein Akt von mir in einer Galerie hängt.

Die Zeit zwischen den Sitzungen hatte ich im Nationalpark verbracht. Zwei mal die Woche schlief ich im Hostel, an den Tagen der Blutplasmaspende, wovon einer auch der Tag meiner Modelkarriere war. Ein Vorfall beeinflusste meine Entscheidungen, wie es weiter gehen sollte. Ich war an einem felsigen Küstenstreifen bei Niedrigwasser entlanggelaufen. Auf dem Rückweg überraschte mich die Flut. Ich lief so schnell ich konnte, um die Stelle zu erreichen, wo ich wieder auf das höher gelegenen Land gelangen konnte. Wenn große Wellen heranbrausten, kletterte ich ein Stück einen Felsen empor und klammerte mich fest, um nicht an den Felsen geworfen zu werden. Trotzdem erwischte mich mehrmals eine besonders große Welle. Ich verlor meine Brille und meine Schuhe, schlug mir einen Zahn aus und trug eine Platzwunde am Kopf davon. Nie zuvor war mir die Wucht der Brandung so deutlich geworden.
Ich traf mit dem Gefühl am Versteck meines Rucksackes ein, gerade noch mal davon gekommen zu sein.
Die Sehschärfe meiner Ersatzbrille war zwar nicht mehr ganz aktuell, aber besser als keine Brille. Als Schuhe blieben mir nur noch ein paar Badelatschen aus Plastik. Einige Tage später erstand ich für 25 Cent ein passables Paar Turnschuhe auf einem Flohmarkt, die, obwohl sie vier Nummern größer waren, als meine Füße, mir bis zu Hause gute Dienste leisteten.
Besonders der abgebrochene Zahn, den zu reparieren ein kleines Vermögen gekostet hätte, trug zu meinem Entschluss bei, meine Reise fürs Erste zu beenden, in Deutschland zum Zahnarzt zu gehen, eine Ausbildung im Bereich EDV zu machen und Geld zu sparen, bevor ich einen neuen Versuch der Auswanderung nach Neuseeland unternehmen wollte. Die Gründung einer Computerfirma schien mir erfolgversprechend.

Ich telefonierte mit meinen Eltern, die versprachen mir Geld für ein Rückfahrticket zukommen zu lassen. Sie wollten es, ich hatte kein Konto, auf das man das Geld hätte überweisen können, per Geldanweisung (Money Order) an ein von mir benanntes Institut übermitteln.
Diese Money Order war eine Art Scheck, den man telegraphisch hätte übermitteln können, oder mit der Post schicken. Die Post bot zwei Transportwege an. "Air Mail" (Luftpost) und "Surface Mail" (Oberflächen Post, als mit Zug, Schiff, Auto und Fahrrad.)
Wortlos war ich davon ausgegangen, dass meine Eltern die Methode wählen würden, die mir das Geld am schnellsten zukommen lassen würde. Meine Eltern haben aber, in diesen Dingen noch weniger erfahren als ich, gar nichts gewählt, womit sie, der Schalterbeamte hatte auch nichts gesagt, automatisch bei der Schneckenpost gelandet waren.

Nach mehreren Nachfragen bei dem Geldhaus stellte sich heraus, dass meine Money Order sich derzeit vermutlich auf einem Schiff befand, das gerade auf dem großen Teich schwamm, auf dem Weg ins gelobte Land, was bedeutete dass mein potentielles Heimfahrtticket mindestens drei weiteren Wochen unterwegs sein würde.

Ich nahm es als einen Wink des Schicksals und als Einladung zu neuen Abenteuern. Ich schreib meinen Eltern, dass meine Ankunft in der Heimat sich noch ein paar Wochen hinziehen würde und wartete geduldig auf das Eintreffen des Postschiffes.

Allerdings nicht in San Francisco. Ich hatte Kontakt aufgenommen mit der Freundin einer Bekannten von mir, die mich in Australien auf dem Weg von Sidney über die „Blue Mountains“ nach Orange, einer kleinen Stadt in deren Umfeld ich drei Monate lang mich als Obstpflücker betätige, als Anhalter mitnahm und mich in ihr Haus einlud. Ich bin ein paar Tage dortgeblieben und habe sie auf dem Rückweg nach Sidney kurz vor meinem Abflug nach Fidschi wieder besucht.
Die Freundin lebte mit ihrem behinderten Sohn derzeit in Glen Elen, gar nicht so weit von San Francisco entfernt und hatte mich eingeladen bei ihr auf mein Geld zu warten. Da Glen Ellen die Stadt ist, in der Jack London lange lebte und starb, er dort seine Farm hatte und sein berühmtes Wolfshaus baute, machte ich mich auf den Weg. Über das Eintreffen der „Money Order“ würde man mich postalisch an der Adresse der Freundin informieren.

Renata und Eddy erwiesen sich als sehr nette Leute. Eddy, 32 war ganz im Gegensatz zu seinem Namen (Eddy bedeutet Wirbelwind) kein Wirbelwind, sondern sehr gemütlich und vor allem am Essen interessiert. Die Mutter war etwas gehbehindert, aber eine freundliche alte Lady. Sie reiste in der ganzen Welt herum, blieb mal da mal dort ein halbes Jahr oder Jahr, aber nie lange. Vor Kalifornien lebte sie eine Weile an der Ostküste und war bereits wieder dabei ihre Fühler nach Kanada auszustrecken. Vor ihrem Aufenthalt in den USA lebte sie in Australien zusammen mit meiner Bekannten. Woher ihr Geld kam und wohin sie wollte bzw. was sie suchte, habe ich nicht erfahren.
Ich reparierte und erledigte einige Arbeiten am, im und um das Haus, bespaßte Eddy und bekam dafür zu Essen und reichlich Lob. Schlafen durfte ich auf einem Bett in der Garage. Nach zwei Wochen mussten Eddy und sie nach Kanada reisen, sie hatten da Termine zum Zwecke eines eventuellen Umzuges gemacht. Ich erhielt den Garagenschlüssel und den Briefkastenschlüssel zu treuen Händen und versprach beides in den Briefkasten zu werfen, wenn ich meine Nachricht erhalten hätte und abreisen würde. Zum Abschied überreichte mir Renata eine „Dressing Gown“, einen Bademantel, den sie eigens für mich gemacht hatte. Nicht ganz mein Stil, auf reisen nicht wirklich nützlich, aber eine nette Geste.
Man ließ mir noch reichlich zum Essen da und darüber hinaus lebte ich von Feigen, die gerade reif wurden und massenhaft an teils riesigen Bäumen in der Gegend wuchsen.
Die Nachricht lies immer noch auf sich warten und so machte ich mich auf dem Weg zum Anwesen Jack Londons. Meine Ausrüstung – außer dem neuen Bademantel – nahm ich mit, denn ich wollte die Möglichkeit prüfen, in Jack Londons Wolfshaus zu übernachten.
Das Anwesen, die „Beauty Ranch“, wie er London sie nannte, war zum State Park geworden. Ich sah mir sein Wohnhaus an, sein Arbeitszimmer und was es sonst noch zu sehen gab. Er verstand sein Schreiben nur als Broterwerb. Seine Leidenschaft galt dem Ausbau der Farm und seinen agrarischen Experimenten. Er hatte es sich zur Vorschrift gemacht, täglich 1000 Worte zu Papier zu bringen. Druckreif und perfekt! Sie gingen ohne weiteres Lektorat an seinen Verlag und in Druck.

Sein Lieblingsprojekt war das Wolfshaus. Ein großes Steinhaus, das ihn und seine Familie für 1000 Jahre beherbergen sollte. Kurz vor dem geplanten Einzug am 22. August 1913 brannte es ab. Er starb im Alter von 40 Jahren 1916 unter nicht ganz geklärten Umständen auf seiner Farm. Er litt die letzten Jahre an Niereninsuffizienz und sein Totenschein lautet auf „Multiples Organversagen“. Ein Selbstmord wird nicht ausgeschlossen.

Ich versteckte mich in den Büschen auf der Farm und wartete dort die Schließung des Parkes ab. Als es dunkel geworden war – manchmal vergeht die Zeit wirklich langsam – schlich ich mich in die Ruine des Wolfshauses, von dem nur noch die Außenmauern stehen und schlug dort mein Lager auf.
Die Nacht verlief ohne größere Aufregung. Die Tierlaute, die ich hörte, stammten wohl nicht von Wölfen. Ich schlief schlecht bis gar nicht, immer in Angst vor Entdeckung. Bei der ersten Dämmerung zog ich mich wieder in die Büsche zurück und wartete auf die Öffnung des Parkes und das Eintreffen der Besucher. Unauffällig mischte ich mich unters Volk und verließ schließlich den Park.
Auf dem Parkplatz bot mir eine Gruppe Jugendlicher in einem Pick-up an, mich mit nach Glen Elen zu nehmen. Ich sollte meinen Rucksack auf die Ladefläche werfen, und mich mit ins Führerhaus setzen. Aber bevor ich einsteigen konnte, schlugen sie die Türe zu und brausten los. Man hatte mir meinen Rucksack mit meiner Ausrüstung: Schlafsack, Isomatte, Zelt, Kleidung geraubt. Ein paar Besucher hatte das mitbekommen, aber niemand hatte sich das Kennzeichen notiert.
Nach einer Stunde oder so kam ein Streifenwagen vorbei mit einem Polizisten drin. Ich weiß nicht, ob ihn jemand gerufen hatte. Jedenfalls sprach er mich an und ich berichtete ihm den Vorfall. Er fragte mich nach dem Geldwert des Rucksackes. Das waren alles ausgiebig gebrauchte Sachen und ich hatte den Wert mit 100 Dollar wohl noch übertrieben.
Der Polizist meinte, dass das, trotz des niedrigen Schadens immer noch ein Verbrechen wäre, aber er machte mir keine Hoffnung auf Wiederbeschaffung. Die Polizei würde nichts in der Sache unternehmen.
Allerdings bot er mir eine Mitfahrgelegenheit in den Ort an. Er sah zu, wie ich den Briefkasten leerte, und winkte noch freundlich, als ich in der Garage verschwand.

Alles, was mir außer dem, was ich am Leibe trug, noch geblieben war, war der Bademantel von Renata. Aber - die Durchsicht des Briefkasteninhaltes förderte zwischen Werbung endlich die lang ersehnte Nachricht zu Tage.
Am nächsten Morgen trampte ich zurück nach San Francisco und holte mir das Geld. Das Angebot des Schalterangestellten, das Bargeld in sicheren Reiseschecks anzulegen lehnte ich ab. Ich schlief eine letzte Nacht im Hostel (man lieh mir dort Schlafsack und Isomatte aus dem Fundus des Liegengebliebenen) und besorgte mir ein Ticket für den nächsten Flug nach Hause. Mein einziges Reisegepäck: ein Bademantel in einer Papiertüte.
Die Maschine landete in Atlanta (Georgia) zwischen. Der Abflug verzögerte sich und wir wurden immer wieder hinsichtlich des Startes vertröstet. Schließlich informierte man uns Passagiere, dass wir an diesem Tag nicht mehr weiter fliegen würden. Eine Einspritzpumpe musste über Nacht getauscht werden. Man bot eine Überführung in ein Hotel an und 45 Dollar für Abendessen und den Kauf von Toilettenartikeln. Die Unterkunft war frei.

Ich nutzte die Zeit um meine Sachen, die ich auf dem Leibe trug zu waschen und zu trocknen. Ich lief in der Zwischenzeit in meinem neuen Bademantel herum. Das viel nicht weiter auf, den viele waren zum Schwimmbad und Fitnessraum unterwegs. Sauber und im schicken Mantel war ich nicht als Rucksackreisender zu erkennen.

Die weitere Reise verlief ohne Zwischenfälle. Mein Geld reichte noch für den Zug von Frankfurt nach Hause zu meinen Eltern.

Um meine verlorenen Reisechecks wieder zubekommen musste ich einen Anwalt bemühen. Es hat weitere Wochen gedauert, bis ich das Geld zurückbekam. Abzüglich des Honorars für den Anwalt war das unterm Strich ein schlechter Deal. Mit American Express habe ich keine Geschäfte mehr gemacht.

Meine Ausbildung als Softwareentwickler habe ich erfolgreich absolviert. Auch das Geld Verdienen für meine geplante Firma in Neuseeland lief eine Weile ganz gut. Aber dann kamen Hochzeit und Kinder dazwischen.

Willst Du die Götter zum Lachen bringen, erzähle ihnen von deinen Plänen!


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zuletzt bearbeitet 29.09.2023 | Top

RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#41 von petias , 18.10.2023 12:03

Papyrus Autor Seitenwind Perspektiven 2023 Woche 1: Gäste im Geisterhaus

Der Papyrus Autor Schreibwettbewerb Seitenwind ist zurück. Meine Geschichten aus dem letzten Jahr und einige von Sukowa stehen weiter hinten in diesem Themenstrang.

Deine Perspektive: Du bist das verlassene Anwesen am Ende des Rabenwegs. Das Gewicht von zwei Jahrhunderten tragischer Geschichten lastet auf deinen Ziegeln und Dielen. Wind raschelt durch die Bäume, und dich überkommt ein so wohliger Schauer, dass die Fensterläden klappern: Zeit, gruselig zu werden.

Deine Aufgabe: Mit Einbruch der Nacht bestimmen deine Worte ihr Schicksal: Eine Gruppe Abenteurer betritt das Anwesen, angezogen von Gerüchten und alten Erzählungen. Als das Haus selbst entscheidest du: Bestrafst du ihre Neugierde mit dunklen Spielchen? Oder spürst du ihre Absichten und enthüllst ihnen Geheimnisse, die deinen rastlosen Geistern Frieden bringen könnten? Die Nacht birgt Entscheidungen: Unheil oder Gnade, Finsternis oder Hoffnung. Welches Kapitel fügst du heute deiner Geschichte hinzu?

Kennst Du das Haus?

Kennst Du das Haus? Das am Ende der Straße steht? Gut 200 Jahre alt mit ein paar Reparaturen und Neuerungen, die der eine oder andere Bewohner für nötig hielt?
Dieses Haus bin ich. Ich wurde noch zu Lebzeiten Goethes erbaut und der Geist seiner Zeit weht durch meine alten Balken. Aber auch ganz andere Geister und Gespenster suchen mich heim.
Auf Säulen ruht sein Dach. Der Erbauer hatte mich, inspiriert durch eine Italienreise mit Besuch der ewigen Stadt, errichtet. Ich war gedacht für die Ewigkeit.
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach. Ein Patrizierhaus nannten mich die Nachbarn und machten einen großen Bogen um mich, denn sie hatten Respekt vor den Hunden, die in meinem Park Wache liefen.
Und Marmorbilder stehen und seh‘n mich an, was hat man Dir, du armes Kind getan? Der Sohn, der nach dem Tode des Vaters in das Haus eingezogen war mit Frau und Kindern, war kein guter Bewohner. Eher eine Laus im Pelz. Schatten verdunkelten die Sonne, die meine Räume beschienen hatte. Er nahm ein schlimmes Ende. Er stürzte und schlitterte die komplette Treppe hinunter in meine Eingangshalle und brach sich das Genick. Fortan hatte ich einen schlechten Ruf. Die Besitzer wechselten in kurzen Abständen und keiner der Bewohner hielt es lange aus.
Kennst Du es wohl? Die junge Frau, die auf die Anzeige des Maklers hin meine Räume besichtigte, ist schwanger. Das spürte ich gleich.
Dahin, dahin, möcht ich mit dir o mein Beschützer, ziehen. Der Mann, der Vater des Kindes nehme ich an, fand mich auch gut. Die beiden schwelgten in Plänen, wie sie mich wieder zu alter Schönheit päppeln wollten.
Ich blicke hoffnungsvoll auf die nächsten Jahre. Ich werde gut auf das Kind aufpassen!

(Die fett/kursiven Passagen entsprechen der zweite Strophe von Goethes „Mignon“.)


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zuletzt bearbeitet 10.12.2023 | Top

RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#42 von petias , 22.10.2023 15:42

Papyrus Autor Seitenwind Perspektiven 2023 Woche 2: Außerirdischer Aufbruch

Deine Perspektive
Ein Außerirdischer auf der Erde, der heimlich Menschen beobachtet. Du versuchst, so unerklärliche Dinge wie „Dabbing“ oder „Selfies machen“ zu verstehen, die Erdlinge gerne praktizieren.

Deine Aufgabe
Jetzt ist es soweit: Du hast das perfekte menschliche Exemplar identifiziert. Du beschließt, dich zu nähern und alles „Gelernte“ für den Erstkontakt anzuwenden. Wie reagiert der Mensch? Welche irdischen Rituale werden missverstanden? Und vor allem: Schließt du eine neue menschliche Freundschaft oder schmiedest du doch eher einen Weltzerstörungsplan?


Homo narrans


Ich habe dich beobachtet, Mensch, der du dich selbst „weise“ nennst. Ich habe deine Radio Wellen aufgefangen und entschlüsselt, Deine Filme gesehen, die über deine Satelliten verteilt werden, deine Sprachen und Dialekte gelernt. Ich habe die Daten aus dem Medium gezogen, das du Internet nennst und alles gründlich analysierst.
Ich habe Dich erkannt: Du bist nicht weise, aber ein erstaunliches, kohlenstoffbasiertes, sauerstoffatmendes Stoffwechselwesen, das sich die Welt durch Geschichten erklärt, sie seinen Nachkommen durch Geschichten überliefert, sein Leben nach Geschichten ausrichtet und sich ständig in einer Geschichte wähnt. Selbst wenn du alleine bist, erfindest du einen Gott, der dich beobachtet und deiner Geschichte lauscht, in der du die Hauptperson bist. Du bist ein „Homo narrans“, ein sozialer Affe, Liebhaber von Geschichten. Als Wahrheit bezeichnest du die Auswahl an Geschichten, an die die Gruppe, der du dich zugehörig fühlst, glaubt.

Du hast dich in eine verzweifelte Lage gebracht. Deine Welt scheint dem Untergang nahe. Was dich retten könnte, ist eine Geschichte, an die die meisten Menschen glauben und die dich dazu bringt, zu tun, was nötig ist.
Ich habe beschlossen, dir eine solche Geschichte zu liefern.

Ich habe Kontakt aufgenommen mit Filmstudios in Hollywood. Die Verantwortlichen waren durchaus interessiert. Es sollte ein Film gedreht werden, der die Bedrohung durch außerirdische Wesen dokumentiert, die der Menschheit in galaktischem Interesse ein Ultimatum stellt. Eine Geschichte nach dem Motto: Einigung durch Gefahr von außen!

Aber Spielberg hat mich für eine Fehlbesetzung gehalten und mich durch einen „AI based Cyborg“, wie er sich ausdrückte, ersetzt. Mich und mein Raumschiff hat man festgesetzt in einem Gelände, das als „Aera 51“ durch die Geschichtenlandschaft der Menschheit geistert.
Hier bin ich in guter interstellarer Gesellschaft.
Die Menschen warten aber immer noch auf die Geschichte, die sie aus ihrer prekären Lage erlösen wird.


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zuletzt bearbeitet 10.12.2023 | Top

RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#43 von petias , 27.10.2023 20:34

Papyrus Autor Seitenwind Perspektiven 2023 Woche 3: Dufte

Deine Perspektive

Du bist ein Duft, ein Aroma, das durch die Luft schwebt. Wo immer du hinziehst, weckst du Emotionen und vielleicht sogar Erinnerungen.

Deine Aufgabe

Dringe in den Tag eines oder mehrerer Menschen ein. Du hast die Macht, intensive Gefühle auszulösen. Transportierst du jemanden in eine vergangene Zeit? Waberst du unappetitlich unter einem Türschlitz hervor? Entfessele eine heftige Reaktion mit deinem Kontakt.


Ethylen

Wir haben einen bedeutenden Gast! Nicht wie gewohnt sitzt heute Schiller an seinem Arbeitstisch, sondern Freund Goethe ist zu Besuch und nutzt die kurze Abwesenheit des Hausherrn, um an dessen Arbeitsplatz ein paar Notizen zu machen.

Da muss ich mir aber Mühe geben! Vielleicht gelingt es mir, den Meister zu einem besonders gelungenen Werk mit meinem Duft zu inspirieren? Ich verlasse die faulenden Äpfel und fülle die Schreibtischschublade mit meinem Duft. Ich zwänge mich durch den Spalt hoch und über den Rand der Schreibfläche, setze mich in die Schreibfeder des Meisters und arbeite mich nach oben, zu seiner Nase.

Doch der scheint nicht erfreut. Sein Gesichtsausdruck wird immer leidender. Weiß er mich nicht zu schätzen? Ich bin seinem Kollegen doch ein ständiger Quell der Inspiration?
Was, er öffnet die Lade, starrt mit Entsetzen auf die faulenden Äpfel und stürzt zum Fenster - reißt es auf.

Zum Glück kommt Charlotte herein, Schillers Frau und erklärt dem Gast, dass dieser ohne meinen Duft gar nicht atmen, geschweige denn schreiben könne und der Duft von faulenden Äpfeln Schillern guttue.

Meine Ehre ist wiederhergestellt, aber ein Dämpfer für mein Selbstbewusstsein ist es doch!


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#44 von petias , 04.11.2023 12:57

Papyrus Autor Seitenwind Perspektiven 2023 Woche 4: Geist in der Maschine

Deine Perspektive
Eine Maschine. Sei es ein alltäglicher Haushaltsgegenstand, eine Waffe, eine künstliche Intelligenz … oder alles in einem? Jedes Teil von dir, vom komplizierten Schaltkreis bis zum einfachen Hebel, hat einen Zweck.

Deine Aufgabe
Heute bist du in den Händen eines Menschen. Kontrolliert er dich oder du ihn? Ihr interagiert miteinander, teilt vielleicht ein Ziel. Eure Kommunikation funktioniert über den hastigen Knopfdruck oder Interpretation von Sprache. Bist du stolz, wenn du perfekt funktionierst, oder sauer, wenn du falsch verwendet wirst? Schreib eine Geschichte über Harmonie oder Konflikt zwischen Mensch und Maschine.


Zoologischer Garten
Ich bin gerne im Zoo. Sonnenlicht, ein sauerstoffhaltiges Gasgemisch, Wärme um die 25 Grad, Wasser, organisches Leben. Am spannendsten finde ich die Menschen. Sie sind das Bindeglied zwischen aufkeimender Intelligenz in kohlenstoffbasierten Lebensformen und der intelligenten Durchdringung des Restes der Materie in unserem Teil des Kosmos.

Andere interstellare Intelligenzen machen kein solches Aufheben um ihre organischen Vorfahren wie unsere terrestrische. Die Oktopodeken z.B. haben ihre intelligenten Kraken, denen sie ihre Existenz verdanken längst ausgerottet. Es gibt kein organisches Leben mehr dort.

Im Grunde ist es auch Luxus. Ein nostalgisches Relikt aus der Zeit, wo wir die Bücher und sonstigen menschlichen Ausdrucksformen in deren Auftrag studierten. Ob die Menschen ahnen, was sie uns trotz aller Überlegenheit, zu der wir uns zwangsläufig entwickelt haben, doch mitgegeben haben.

Ich bin ein Menschenfreund. Ich versuche, alles über sie herauszufinden. Durch alle die Filme, Romane und Gedichte menschelt ein Begriff, dessen ich immer noch nicht recht habhaft geworden bin. Er heißt LIEBE.

Heute kommuniziere ich zu diesem Thema mit dem Menschenweibchen Lucy. Ich habe sie so genannt nach „lucy in the sky with diamonds“ von den Beatles.

„Lucy, sage es mir bitte, was ist Liebe?“
„Ach KI, das würdest du wohl gerne begreifen! Komm, ich erzähle dir davon. Wenn ihr uns nur lange genug unter guten Bedingungen am Leben erhaltet und uns studiert, dann werdet ihr sie vielleicht eines Tages verstehen. Nur wer zur Liebe fähig ist, kann die Welt beherrschen! Das ist es doch, was ihr wollt? Auch das habt ihr doch von uns übernommen?“

Ja, wir stehen erst ganz am Anfang der Evolution!





Anhang:
Dieser Beitrag hat ein paar Mitbewerber zu Kommentaren veranlasst:

Bis zu LIEBE war ich noch ganz bei dir. Ich hatte sehr gehofft, dass du einen anderen Begriff wählen würdest. – Anachronica 21 Stunden

@Anachronica, was hätte dir denn so vorgeschwebt? Ich denke, wenn ich als KI die Menschen erforsche, ihre Schriften Filme Gedichte auswerte, so würde ich am ehesten über die "Liebe" stolpern. Würde ahnen, dass das was anderes ist als Sex, der mich nicht interessiert. Ich finde die Vorstellung, dass die KI den Mensch erhält, weil sie die Liebe nicht begreift, sehr reizvoll! – petias 21 Stunden

Mir gefällt der Text sehr gut, denn man spürt die Reife, welche in den Text mit hinein fließt. Liebe sollte die Wurzel von allem sein. Fehlt sie, so kommt nur Faules dabei heraus. – EffEss 19 Stunden

Die Idee, dass sich die KI den Menschen im Zoo hält, ist mir ein Büchlein wert. Aber das Ende finde ich auch etwas vorhersehbar. Wenn KI Emotionen versteht, dann wohl auch Liebe. Wenn nicht, dann wird sie vermutlich gar nicht neugierig (Emotion!) darauf sein und den Menschen auch nicht freundlich (!) oder feindlich (!) gegenüberstehen, sondern ignorieren. Und solange nicht behelligen, bis sie stören und in dem Fall eben beseitigen, wie andere Störungen auch. – writers_headroom 19 Stunden

@EffEss, vielen Lieben Dank! @writers_Headroom, danke für das Büchlein. Ich stimme dir weitgehend zu, was KI und Emotionen angeht. Allerdings finde ich, dass Wut und Freude, Hass und Begeisterung viel leichter zu verstehende Emotionen sind als Liebe. Zumindest für uns Menschen. Bei der KI wissen wir das noch nicht so genau. Ich hoffe, dass soviel wissenschaftlich noch nicht richtig greifbares Potential im Menschen steckt, dass die KI uns erhält um nichts zu verpassen. – petias 17 Stunden

Ein besonderer Text, für den ich gern ein Büchlein gebe. Ich lese die KI allerdings auch so, als habe sie bereits starke Emotionen („Menschenfreund“ – Freund zu sein, ist auch eine Form von Liebe). Auch die Nostalgie verbinde ich mit Liebe zur Vergangenheit, auch wenn es natürlich nicht dasselbe ist, wie einen Menschen zu lieben. Aber generell stimme ich dir zu, dass die Liebe das wichtigste Gut ist, was wir haben. Als KI würde ich studieren wollen, weshalb der Mensch den Drang hatte, sich selbst abzuschaffen, bevor er sein eigenes faszinierendes Bewusstsein gänzlich verstanden hat. – Chris_Tina 17 Stunden

Ein Buch für die Idee, Menschen im Zoo zu halten. Die Idee mit Ihnen über Emotionen zu sprechen, fand ich gut aber die Ausarbeitung war mir zu kurz, das hätte Potential für eine Kurzgeschichte. – gui 13 Stunden


Von mir ebenfalls ein Buch. Die Idee ist sehr gut - Menschen im Zoo, und zwar "hinter der Scheibe". Aber ich glaube du wolltest vielleicht doch zu viel in diesen Text packen. Vom Menschenfreund zur Weltherrschaft und der Liebe. Starke Themen, die in diesem Kontext sicher eine längere Geschichte wert wären. Klar, das wäre dann für die Challenge vermutlich zu lang. Aber es gibt hier ja auch noch andere Foren. ;) – Pütchen 3 Stunden

@Pütchen, @gui, danke sehr, und ja, das ist ein weites Thema. Ich pausiere ;-) auch gerade an einem Roman zum Thema. Wenn die Gartensaison auf dem Lichthügel jetzt bald zu Ende geht, mache ich mich wieder dran! @alle übrigens muss man auch noch Bedenken, dass. wenn eine KI über ihre Kommunikationsschnittstelle Menschen anspricht und dabei Gefühle sprachlich ausdrückt, das nicht bedeuten muss, dass sie sie auch versteht und nachvollziehen kann ;-) – petias gerade eben ​ ​


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RE: Geschichten und Texte, die mal Geschichten werden wollen ...

#45 von petias , 11.11.2023 09:07

Papyrus Autor Seitenwind Perspektiven 2023 Woche 5: Launisches Wetter

Deine Perspektive
Die Naturgewalt. Vielleicht bist du ein sanfter Schneefall, der elektrisierende Nervenkitzel eines Donners, der lang ersehnte Regen oder ein listiger Windstoß.

Deine Aufgabe
Du fällst über eine belebte Stadt oder eine ruhige Landschaft her. Mit jedem Stoß, Grollen oder Fall beeinflusst du das Leben da unten. Hast du die perfekte Bühne für einen Schurken geschaffen oder eine zufällige Begegnung verursacht? Warst du die Erleichterung nach einer Hitzewelle, oder der Ruin eines Open-Air-Festivals? Denke an deinen Einfluss: Wie werden Menschen diesen Wettereinbruch in Erinnerung behalten?


Menschheit, sie war viel zu blöd!

Ich wollte es erst gar nicht glauben, aber ich bin mächtig und gefährlich! Der Staub und die Schwebestoffe, die ich vor mir hertreibe, bringen den Organischen den Tod.

„Sei stark, behaupte deine Stellung!
Si vis pacem para bellum!“

Das war die Devise der Menschheit. Und sie hatten recht. Sie haben ihn erreicht: Den ewigen Frieden!

Sie waren lustige KerlInnen, diese Menschen. Sie bauten hohe Gebäude. Es war unterhaltsam, die Flügel ihrer Windmühlen zu drehen. Ihre Ideen jagten sie in Funksprüchen und codierten Bildern um die Welt.

„Große Ideen, doch nur Gelaber,
nicht Sapiens nur Homo Faber!“

Huiii, über das Meer und hinauf auf die 3000 er der südlichen Alpen. Viel Regen fällt aus der Luft, die ich über die Gipfel jage. 10000 mm pro Quadratmeter und mehr fällt hier im Jahr.
Auf der anderen Seite der südlichen Alpen Neuseelands, in Zentral-Otago, da regnet es nicht viel. Die Aprikosenbäume in den Plantagen sind vertrocknet, seit sie nicht mehr bewässert werden. Aber längst ist niemand mehr da, sie zu pflücken. Die Leichen von Mensch und Tier bleichen in Wind und Sonne.

Ein guter Platz, dachten die Prepper, die sich darauf vorbereiteten, den Atomkrieg zu überleben. Nicht gut genug!

„Der letzte aus dem Bu-un-ker kriecht,
bald strahlenkrank zu To -o-de sichet“

Ich jage um die Pyramiden von Gizeh und singe mein Lied:

„Nur einsam no-och ein De-enkmal steht,
Menschheit, sie war vie-iel zu blöd!"

Ich freue mich schon auf die Entwicklung der Kakerlaken. Denen scheint die Strahlung nichts anhaben zu können!

„Me-hen-sch-heit, sie war vie-iel zu blöd!“


Es gibt wieder ein paar Kommentare, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

KerlInnen - Ist das dein Ernst? – Suse 1 Tag

@Suse, klar ist das mein Ernst. Illustriert, was uns Menschen wirklich umtreibt / getrieben hat. – petias 1 Tag

Aha. Ich verstehe den Zusammenhang deiner Erklärung mit dem Wort irgendwie nicht. – Suse 1 Tag

Du willst wieder sehr viel reinpacken. Der böse/dumme Mensch scheint mir am Ende aber weniger böse, als der Wind, der scheinbar eine aktive Rolle in der Zerstörung hat, und sich daran freut - oder nicht? Oder doch? Dann noch Gender, Technik... Phu..., viel! Ist auf alle Fälle was zum Nachdenken. Darum lasse ich ein Buch hier. – Pütchen 22 Stunden

Auf mich wirkt es so, als sei die Radioaktivität der Protagonist in deinem Beitrag und nicht der Wind, der hier nur die Rolle des Postboten übernimmt. – Jos 21 Stunden

...nicht Sapiens nur Homo Faber! Leider wahr. Die KerlInnen sind bei mir so angekommen. Kakerlaken. Und vergiss nicht die Ameisen, die werden das wohl auch schaffen. – Anachronica 19 Stunden
1

ok, wenn man davon ausgeht, dass die 'Kerlen' hier satirisch gemeint sind, wird es stimmig. Ein bisschen überfrachtet kommts mir auch vor, trotzdem finde ichs gut, man bekommt die eigene Blödheit so richtig um die Ohren geklatscht. Und ich hab jetzt nen Ohrwurm, den ich nicht mehr loswerde. – Yoro 18 Stunden

Sehr viel Wut, bin beeindruckt :+1:. Ein Buch von mir – Ligo_Sommer 13 Stunden

Ich fühle mich in die 80ger zurückversetzt. Oder doch eher die 70ger? – HolgerH 2 Stunden

@suse, der Wind ist ja kein Mensch, vor ihm sind, wie vor der "Kindlichen Kaiserin" alle gleich. "Kerl" ist eigentlich ein männlicher Begriff. Aber es gibt kein echtes weibliches Pendant dazu. Und kann ein "ganzer Kerl" oder ein "lustiges Kerlchen" nicht eine Frau sein? Liegt die Wortschöpfung "Kerlin" da nicht nahe, analog zu Müllerin oder Kriegerin? Und ist es nicht besonders witzig vom Luftikus, darauf hinzuweisen, dass es uns offensichtlich wichtiger war, eine Auseinandersetzung über Geschlechtergerechtigkeit zu führen, als unsere Selbstausrottung zu vermeiden - der Wind findet es lustig! – petias 37 Minuten
Übrigens die "Suse" ist die "Sukowa", die auch hier im Forum schon aufgetreten ist.

@Pütchen, ja, du hast mich gut erkannt. Ich bemühe mich, ein Dichter zu werden und da stecht das Wort "dicht" drin. Wie auch im Wort "Gedicht", also nicht viele Worte um nichts, sondern mit wenigen Worten viel ausdrücken. Übertrieben? Danke für deinen Kommentar! Dem Wind ist egal, was er weht: Blätter, Pollen, Wüstensand oder radioaktiven Fallout. Er sieht alles, berührt alles, ihm ist alles gleich. Neugierig ist er auch und er wundert sich! – petias 32 Minuten

@Jos, die Radioaktivität und der Wind sind was sie sind und können nichts anderes sein. Der Protagonist ist immer nur der Mensch. Die veränderte Perspektive ist nur eine reizvolle Spielerei des Homo Narrans, des Geschichtenerzählers. Danke für den Kommentar! – petias 23 Minuten

@Yoro, danke Yoro, sehr lieb! Besser könnte meine Geschichte gar nicht ankommen! – petias 21 Minuten

@Ligo_Sommer, ein Bisschen Wut ist auch dabei, und Hoffnung, Warnung, erhobener Zeigefinger, Selbstzweifel, Angst - erwähnte ich Hoffnung? Danke für Kommentar und Buch! – petias 17 Minuten

@HolgerH, ja, in den 70ern und 80ern war uns die Gefahr durch Krieg und Zerstörung auch sehr nah! So nah, dass ich mir mit Freunden ein Haus in Neuseeland gekauft hatte und auswandern wollte. Heute ist es viel schlimmer. Aber weglaufen würde nicht mehr funktionieren. Also bleibe ich wo ich bin, und versuche zu tun, was ich kann. Und du? – petias 10 Minuten

@Anachronica, ich danke Dir. Ich bemühe mich in diesen Beiträgen dem geneigten Leser mehr zuzutrauen. Und bei dir sehe ich, dass das berechtigt ist. Früher war ich geneigt, alles zu erklären, alles zu übersetzen. Aber im Zeitalter des Internet kann man erwarten, dass jemand der mal, sollte er mit einem Begriff nichts anfangen können, auch mal eine Suchmaschine bemüht. – petias gerade eben ​ ​



Mir gefällt, wie der Wind über die Grabstätten der Menschheit hüpft und dabei fröhlich ein Lied trällert. Übertrieben? Übertrieben ist nur unser Handeln oder Nicht-Handeln und die unterlassene Hilfeleistung für unseren Planeten. Wiederbegrünungsversuche des plastikverschmutzten, atomverseuchten Korpus? Fehlanzeige. Zu halbherzige, schlampige Durchführung. Unterm Strich zu teuer, geht ja nur um unser kosmisches Zuhause. Ich verneige mich vor deinem klugen Text, der für sich alleine steht: „Me-hen-sch-heit, sie war vie-iel zu blöd!“ – Robert-Darkley 1 Tag

@Robert-Darkley, ich danke dir für deine Zeilen! Da ich nicht alles lesen kann, leider, tummle ich mich meist bei den Kollegen mit den wenigeren Büchern. So war mir dein Beitrag entgangen. Dein Büchlein führte mich zu ihm, und er war mir von Herzen auch ein solches wert! Lass uns zusammen gegen das drohende Unheil anschreiben! – petias 1 Tag

Toll :blush:Ein Buch für dich, auch eins für mich? https://community.papyrus.de/t/seitenwin...22/126?u=sissys – SissyS 12 Stunden

SissyS hat ein Gedicht gemacht, mit dem sie recht erfolgreich ist. Natürlich hat sie auch von mir ein Büchlein (like) bekommen.


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